Wir wollten nur Teenager sein – Rock `n`Roll und Jimmi Hendrix hören und Westjeans tragen

29. Dezember 2014 10:00 Uhr

Der 9. November 1989. Ein historisches Datum, an das der Stadtverband der CDU-Schorndorf mit einem Vortrag des ehemaligen DDR-Bürgerrechtlers Jörg Drieselmann und einem Film erinnerte.

Unter dem Motto „ Einigkeit, Recht und Freiheit –  Jubiläum 25 Jahre Mauerfall“ verfolgten fast 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger den autobiografisch gefärbten Vortrag von Jörg Drieselmann und den mit einem Oskar ausgezeichneten Film über einen Stasi-Spitzel „Das Leben des Anderen“.

Fazit des Abends:  Der Traum der Wiedervereinigung war Wirklichkeit geworden – ein Traum, den manche westdeutsche Parteien schon aufgegeben hatten – nicht so die CDU.

Nach bewegenden Bildern vom 09. November 1989 und persönlichen Erinnerungen von Ingo Sombrutzki, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, und des örtlichen CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer an diesen denkwürdigen Tag, schilderte Jörg Drieselmann eindrücklich seine persönlichen Erlebnisse. Im Frühherbst 1974 wurde der ehemalige DDR-Bürgerrechtler mit 18 Jahren von der Stasi wegen „staatsfeindlicher Hetze“ als „ Rädelsführer einer staatsfeindlichen Gruppierung“ verhaftet, er hatte mit einer Plakataktion auf die Toten an der innerdeutschen Grenze aufmerksam machen wollen. Verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten kam er 1976 im Rahmen des Häftlingsfreikaufs in die BRD und machte in Berlin sein Abitur. Doch auch im Westen wurde er weiter von der Stasi terrorisiert, beispielsweise durch Drohanrufe in der Nacht und Bespitzelungen im „Gesamtdeutschen Institut – Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben“, wo er Vorträge vor Schulklassen hielt. Seine Interessen als Jugendlicher in der DDR seien nicht anders gewesen als im Westen, so Drieselmann: „Man dachte, dass wir Agenten des US -Imperialismus gewesen wären, aber uns war Politik egal -  wir wollten nur Teenager sein. Sex, Drugs and Rock`n Roll, Jimmi Hendrix hören und West-Jeans tragen. Wir wollten keine Feinde des Sozialismus werden. Man machte uns dazu. Die Feindschaft, die uns unterstellt wurde, haben wir angenommen.“

Er erinnerte daran, dass die SED 1989 bei 17 Millionen Einwohnern 2,4 Millionen Mitglieder hatte, auch seine Eltern waren wegen beruflicher Vorteile in der Partei. „Die wirkliche Macht hatten etwa 400 000 Personen.“                                                                                                                     

 Man solle den „friedlichen Ansatz der Wiedervereinigung in Frage stellen“, so Drieselmann. „Es war  nicht so, dass in Leipzig die Leute immer im Kreis rumgegangen sind und dann brach die DDR zusammen.“ Was viele Menschen als den „schnellen und friedlichen Weg bis zum Mauerfall“ verherrlichen, war laut Drieselmann nicht so, sondern ein sehr langer Weg bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, beginnend mit dem NATO-Doppelbeschluss, der im Dezember 1979 verabschiedet wurde.  „Es war Reagan mit den aufgestellten Raketen, der die Sowjetunion in die Knie zwang“, so der ehemalige DDR-Bürgerrechtler. Die „sogenannte Friedensbewegung“ war für ihn „ganz wesentlich ein Kind des Staatssicherheitsministeriums.“ Die Auflösung der DDR „stasibegleitend“ und keine echte Revolution, denn einen „echten Elitenaustausch habe es nicht gegeben. Selbst führende SED-Funktionäre konnten ihr Eigentum behalten und erhalten bis heute ihre Renten. „Möglicherweise war das der Preis dafür, dass kein Blut geflossen ist.“

Dankbar stellte Jörg Drieselmann abschließend fest, dass die CDU sich – anders als andere Parteien - nie vom Wiedervereinigungsprozess verabschiedet habe: „Kohl und die CDU haben die Sowjetunion letztlich in die Knie gezwungen.“

 Bericht: Anna Garcia

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