Herausforderungen für Schorndorf anpacken – solide und nachhaltig haushalten

23. November 2017 22:00 Uhr von Gemeinderat

Rede zum Haushalt 2018 der Stadt Schorndorf von Ingo Sombrutzki für die CDU-Gemeinderatsfraktion

Es gilt das gesprochene Wort.

Schorndorf steht im Jahr 2017 gut da, die Steuereinnahmen sprudeln, wir investieren in vielen Bereichen in die Zukunft, der Geldbeutel sitzt öfter lockerer. Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, französischer Politiker hat einmal gesagt: Geldmangel ist ein Segen. Niemand vermag zu sagen, wie viele politische Dummheiten durch Mangel an Geld schon verhindert worden sind. So sehr ich mich über die derzeitige hervorragende Einnahmesituation freue, so sehr würde ich mir manchmal wünschen, dass der finanzielle Druck höher wäre und so manch leichtsinnige Ausgabe verhindern würde. Wenn man sich aktuell die politische Landschaft in Deutschland anschaut, manche Wahlergebnisse und auch etliche Diskussionen, kann man sich nicht des Eindrucks verwehren: Es geht uns heutzutage oft zu gut. Wir sind satt, träge, scheuen Veränderungen und manche setzten vorschnell auf scheinbar leichte Antworten. Bund, Länder und Kommunen können im laufenden Jahr mit 734,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen. Bis 2022 werden die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen auf 889,6 Milliarden Euro steigen, teilte der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ am Donnerstag letzter Woche mit und korrigierte damit seine Prognose vom Mai nach oben. Mehr Geld fließt auch an die Kommunen in Baden-Württemberg. Im Vergleich zur Mai-Steuerschätzung erhalten die Kreise, Städte und Gemeinden 2017 rund 400 Millionen Euro Steuern mehr. 2018 können sie von einem Plus von 420 Millionen Euro und 2019 von 490 Millionen Euro mehr ausgehen. Und auch unsere Landesregierung will die Städte und Gemeinden nun mit zusätzlichen Millionen im  kommunalen Sanierungsfonds unterstützen. Sie hat die Kritik in der Haushaltsrede von Herrn Englert offensichtlich erhört. Ein zurückhaltender Ansatz auf der Einnahmenseite im Haushalt ist grundsätzlich gut, nach den vorliegenden Schätzungen können wir davon ausgehen, dass wir den Gewerbesteueransatzes in Höhe von 18,5 Millionen übertreffen werden. Um hier dem Prinzip der Haushaltswahrheit zu folgen, beantragen wir einen um 500.000€ erhöhten Planansatz. Diese stabile Entwicklung bei der Gewerbesteuer ist für uns auch Grund genug, in absehbarer Zeit nicht an der Steuerschraube zu drehen, wie es die Verwaltung angedacht hat, sondern auf eine entsprechende Ausgabendisziplin zu achten.

Wir sind der größte Arbeitgeber in der Stadt, hat der OB stolz in seiner Haushaltsrede verkündet. Mir wäre es allerdings viel lieber, wenn der größte Arbeitgeber in unserer Stadt ein innovatives, privatwirtschaftliches Unternehmen wäre, das Gewerbesteuer in unsere Kassen bringt und nicht von öffentlichen Geldern lebt. Die Personalausgaben steigen in den letzten Jahren weit über die durch Tarifsteigerungen verursachten Erhöhungen an. Diese sind lediglich für ein Drittel der Mehrausgaben von 1,5 Mio. Euro in 2018 verantwortlich. Schon von 2016 auf 2017 sind die Personalkosten um eine Million Euro angestiegen. Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, immer mehr Leute zu beschäftigen um die immer gleiche Anzahl an Einwohnern zu verwalten. In einer VSA-Drucksache zur Neuorganisation der Verwaltung wurde von Kosteneinsparungen im Personalbereich berichtet. Hiervon zeigt sich wenig im Haushaltsplan. In 2018 sind auch keine weitere Stellen im Erzieher/innen – Bereich vorgesehen, weil neue Einrichtungen durch externe Träger betrieben werden. Der Landkreis schafft es, seine Personalkosten in 2018 auf dem Stand von 2017 einzufrieren. Die CDU-Fraktion hält es daher für machbar, den Ansatz für Personalkosten um 300.000 Euro zu reduzieren. Dass hier durchaus Optimierungspotential vorhanden ist zeigt sich nicht nur, wenn drei städtische Kräfte für einen PR-Termin zur Vorstellung des neuen Bürgerstiftungsweins abgestellt werden können.

Auch in der Struktur der Verwaltung und die räumliche Verteilung auf sechs Standorte in teilweise angemieteten Räumlichkeiten sehen wir Optimierungspotential. Für die betroffenen Dezernenten bedeutet dies lange Wege, um zu „ihren“ Fachbereichen zu kommen, für die Bürgerinnen und Bürger ein umständliches Suchen und für die Fachbereiche selber, dass sechs Empfangstheken besetzt werden müssen. Wir wollen mittelfristig eine Konzentration auf drei Standorte. Bei der Neuplanung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Fachbereiche, die viel zusammenarbeiten auch in räumlicher Nähe zueinander untergebracht sind. Bei der Suche nach möglichen Standorten sind aus unser Sicht insbesondere folgende Optionen zu prüfen: ein Standort an der Künkelinstraße/Rosenstraße, eine Aufstockung bei eventuellem Neubau des Feuerwehrgerätehaus Schorndorf oder die Einmietung im Neubau der Stadtwerke/ZDS. Erst nach diesen Untersuchungen kann über die Sanierung oder den Verkauf des Gebäudes Johann-Philipp-Palm-Straße 10 entschieden werden.

Wir schätzen die gute Arbeit von Bürgermeister Englert sehr und anerkennen den Personalbedarf in der Kämmerei, um ihn in diesem Bereich zu entlasten. Die von der Verwaltungsspitze angekündigte Einrichtung einer teuren Leitungsstelle für den Fachbereich Finanzen und Organisation tragen wir aber nicht mit. Die Gesamtverantwortung für den FB und die Befassung mit grundsätzlichen finanzpolitischen Fragen muss weiterhin dem zuständigen Finanzbürgermeister obliegen, wie es auch in der Strukturreform vorgesehen und von der Verwaltung begründet wurde. Zur Unterstützung ist ein stellvertretender Fachbereichsleiter in einer niedrigeren Eingruppierung für uns ausreichend. Das Thema Digitalisierung sehen wir wie bereits ausgeführt an anderer Stelle besser aufgehoben.

An anderer Stelle in der Verwaltung sehen wir dafür dringenden Personalbedarf. Seit der Umstrukturierung der Verwaltung bleibt die technische „Manpower“ in der Verwaltungsspitze immer mehr auf der Strecke. So wurde beispielsweise für die Interkommunale Gartenschau fast noch keines der geplanten Bauprojekte begonnen, obwohl die Zeit drängt. Stadtentwicklungskonzept, frühzeitige Ausschreibungsverfahren, Koordination innerhalb der Verwaltung, Generierung von Sonderförderprogrammen sind weitere Aufgabenschwerpunkte, die angegangen werden müssen. Wir wollen dafür sobald wie möglich die Stelle eines Stadtbaumeisters schaffen, der langfristig den Fachbereich Planung und Bauordnung übernehmen kann, wenn unsere Spitzenkraft Herr Beier einmal in den Ruhestand geht.  

Die hohe Schlagzahl der Verwaltungsspitze ist löblich, aber die Agenda muss auch mit den vorhandenen Kapazitäten realistisch umsetzbar sein. Offensichtlich ist dies aber immer öfter nicht der Fall, wie der Hinweis „auf nicht realisierbare Aufwendungen auf Grund fehlender Personalressourcen“ zum Rechnungsergebnis 2016 deutlich macht. Die fehlenden Kapazitäten im Baugewerbe durch die gute konjunkturelle Lage tuen ihr übriges. Auch der Gemeinderat wird stark in Anspruch genommen, aus meiner Sicht inzwischen oft zu stark – lange Tagesordnungen, unzählige Drucksachen und Sitzungen bis spät in die Nacht sind eine große Herausforderung für Gemeinderäte im Ehrenamt, zumal wenn sie berufstätig sind und Familie haben. Und es wird so immer schwieriger auf Augenhöhe mit der Verwaltung zu diskutieren und seiner Kontrollfunktion als Gemeinderat gerecht zu werden. Der Vorschlag des OB nach einer anderen Art der Haushaltsdebatte klingt zwar spannend, ist aber aus meiner Sicht eine Überforderung des Gemeinderats. Wir sind kein Fulltime-Landesparlament, das sich mit Unterstützung von wissenschaftlichen Mitarbeitern gut vorbereitet mit der Regierung im Plenum auseinandersetzen kann. Wir sind auf uns alleine gestellt. Es ist schon so eine Mammutaufgabe, den vorliegenden Haushaltsplan mit fast 1000 Seiten innerhalb von gut 2 Wochen einigermaßen zu überblicken und hier Stellung zu beziehen. Dabei sollten wir es aber belassen, wenn wir auch zukünftig einen gesunden Querschnitt der Bevölkerung im Gemeinderat haben wollen.

Im Bereich kinder- und familienfreundliche Stadt sind wir auf einem guten Weg. Mit den heutigen Beschlüssen zu neuen Kinderbetreuungseinrichtungen gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt. Die zurückliegende heiße Debatte um die Kindergartengebühren und die knappen Abstimmungen haben aufgezeigt, dass wir hier nochmals über die richtige Ausgestaltung nachdenken müssen. Dies muss transparent und auf breiter Basis erfolgen. Erst dann kann fundiert über mögliche Gebührenentlastungen politisch diskutiert werden. Eine rein interne Überprüfung durch das städtische Controlling ist nicht ausreichend und sowohl für die betroffenen Eltern als auch für den Gemeinderat nicht immer nachvollziehbar. Ähnliches gilt auch für die strukturellen Anforderungen für neue und bestehende Einrichtungen. Wir beantragen deshalb die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die die bestehende Gebührenstruktur überprüft und notwendige Entlastungen vorschlägt, Schwankungen bei Bedarfs- und Anmeldezahlen untersucht sowie zusätzliche, flexible Angebotsformen beleuchtet. Die Arbeitsgruppe soll bestehen aus Verwaltung, Vertretern der Fraktionen, Elternvertretern, Vertretern der Kiga-Träger sowie einer externen Moderation. Die Arbeitsgruppe soll spätestens nach der Sommerpause 2018 eingesetzt werden und bis April 2019 Ergebnisse erarbeiten, so dass rechtzeitig vor der Sommerpause 2019 eine angepasste Gebührenstruktur für zwei Jahre vom Gemeinderat beschlossen werden kann.

Der Nachfrage an zusätzlichem Wohnraum in Schorndorf und der Region ist enorm, das Angebot gering, der Markt entsprechend überhitzt. Hierbei geht es nicht nur um den Geschosswohnungsbau, sondern auch um Reihen-, Doppel- und Einfamilienhäuser für junge Familien. Viele warten schon seit Jahren leider vergeblich auf die Realisierung neuer Wohngebiete, wie die Schölleräcker. Dabei kann die Stadt kurzfristig etwas Entlastung schaffen, indem sie die Möglichkeit des beschleunigten Verfahren analog § 13a BauGB nutzt, die der Gesetzgeber bis Ende 2019 gibt. Wir beantragen entsprechend, zusätzliche Wohnbauflächen in Schorndorf und den Teilorten im Außenbereich auszuweisen, der an Wohngebiete angrenzt und über bestehende Straßen erschlossen werden kann. Beispielhaft genannt seien hier die Nordseite des Holzbergwegs oder die Südseite der Lortzingstraße.

2019 wird das Jahr des Remstals. 16 Städte und Gemeinden haben die einmalige Chance, das Remstal bundesweit bekannt zu machen. Leider haben dies offensichtlich noch nicht alle Kommunen verinnerlicht, aber ich bin zuversichtlich, dass Herr Englert die Skeptiker überzeugen kann. Die CDU-Fraktion steht voll hinter diesem einzigartigen Projekt. Entscheidend ist für uns aber, dass wir die Gartenschau von 2020 her denken, sprich welche Gartenschauinvestitionen sind notwendig und funktionieren auch noch im Anschluss ohne große Werbung und Tamtam. Der rückwärtige Bereich auf dem Grafenberg gehört für uns nicht dazu – dafür eine Konzentration auf die Aussichtsplattform und die „Weiße Station“. Auch ein Aufhübschen der Johann-Philipp-Palm-Straße bis zum Jagdschloss für 660.000 Euro und der Ausbau des Parkplatzes an der Wiesenstraße sind für uns entbehrlich. Die Konzentration auf das Wesentliche ist der Schlüssel zum Erfolg. Hier freiwerdende Mittel sollten wir lieber in die Sanierung unserer Schulen investieren und hier entsprechende, dringend notwendige Maßnahmen vorziehen, wie z.B. die Sanierung der Fachräume am MPG. Wir freuen uns jedenfalls auf 164 Tage im unendlichen Garten.

Die Digitalisierung ist in aller Munde. Sie betrifft uns alle – und sorgt für einen tiefgreifenden Wandel in jedem Lebensbereich. Schon heute sind über 20 Milliarden Geräte und Maschinen über das Internet vernetzt. Wir müssen Schorndorf fit machen für diese Entwicklung. Unsere Verwaltung mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit unsere Schulen und Einrichtungen. Und wir müssen unsere Bürgerinnen und Bürger mitnehmen auf diesem Weg. In Sachen E-Government für die Durchführung von Verwaltungsprozessen durch moderne Telekommunikationsmittel. Und in Sachen Open Government mit dem Ziel, Beteiligung, Transparenz und Zusammenarbeit zu fördern. Schnelles Internet, Glasfaser bis in jedes Haus, ist die Grundvoraussetzung dafür. Die Währung der Digitalisierung sind aber die Daten und hier liegt der Vorteil der Städte und Gemeinden. Sie gehören zu den großen und vertrauenswürdigsten Akteuren auf dem Gebiet der Datenerhebung. Datenbasiertes Wissen macht Städte berechenbar: Kenntnisse zu Bewegungsströmen, Energieverbrauch, Infrastrukturauslastung und Nutzungsverhalten ermöglichen eine wesentlich bessere Steuerung des Systems Stadt (so DStGB). Wir fordern die Stadtverwaltung auf, ein Konzept für eine Digitalisierungsoffensive für die „Smart City Schorndorf“ vorzulegen. Die Stadtwerke sollen dabei eine federführende Rolle übernehmen und zur Digitalisierungszentrale der Stadt ausgebaut werden, die sich um die IT-Konzeption, Serverstrukturen, Hardwarebeschaffung etc. kümmert. Die städtische IuK soll sich auf den laufenden Nutzer-Support konzentrieren. Um eine entsprechende Durchschlagskraft in diesem entscheidenden Zukunftsthema zu erzielen, das sich durch alle Bereiche durchzieht, muss die Verantwortung hierfür zwingend beim Oberbürgermeister liegen. Das Megathema Digitalisierung wie von der Verwaltung vorgeschlagen einem neuen Kämmerer und der internen IuK-Abteilung zu überlassen, wird der Bedeutung nicht gerecht. Eine Bündelung der IT-Kompetenz bei den Stadtwerken, die bereits jetzt u.a. die Themen Schnelles Internet und Freies W-LAN in Verantwortung haben, wird die Stadt auf dem Weg in Richtung Digitalisierung deutlich schneller voranbringen, Synergien ermöglichen und Insellösungen oder Parallelstrukturen verhindern. Zusätzlich erschließen wir für die Stadtwerke ein neues Geschäftsfeld als Dienstleister für kleinere Kommunen, die dieses Zukunftsthema aufgrund fehlender Ressourcen kaum adäquat abbilden können.

Zum Schluss will ich im Namen der CDU-Fraktion allen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung, den Stadtwerken, Stadtbau und ZDS herzlich danken. Ebenso der Kämmerei für die Fleißarbeit bei der Erstellung des Haushalts. Ich will nochmals betonen, dass eine solide und nachhaltige Haushaltsführung für die CDU-Fraktion von herausragender Bedeutung für die Zukunft unserer Stadt ist. Nach bereits mehr als 13 Jahre in diesem Gremium ist meine Erfahrung allerdings so, dass wenn es um Ideen und Wünsche aus der Mitte des Gemeinderates geht, das Geld aus Sicht der Verwaltung immer knapp ist, auf der anderen Seite große Projekte der Verwaltung quasi über Nacht ohne Probleme auf die Agenda kommen, wie es jetzt bei der Sanierung des Gebäudes Johann-Philipp-Palm-Straße der Fall ist. Ich lade alle Fraktionen zu mehr Selbstbewusstsein und Wachsamkeit ein. Die Verwaltung macht eine gute Arbeit, ist aber nicht unfehlbar. Wir als Gemeinderat haben das Königsrecht, legen die Schwerpunkte fest und entscheiden über den Haushalt, nicht der OB und die Verwaltung. Stadtentwicklung ist und bleibt eine Daueraufgabe mit stetig neuen Herausforderungen. In diesem Sinne freue ich mich auf ein erfolgreiches Jahr 2018 für Schorndorf.

 

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