Haushaltsrede der CDU Fraktion
12. November 2015 22:00 Uhr von Gemeinderat
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
ich will zunächst ein paar allgemeine Vorbemerkungen zum Haushalt machen, dann anhand unserer Anträge einige Punkte herausgreifen, mit denen wir das vorliegende Planwerk optimieren könnten, und zum Schluß auf das Thema Flüchtlinge eingehen.
Es fällt auf, dass es uns trotz guter Konjunktur und entsprechend hoher Steuereinnahmen nicht gelungen ist, einen ausgeglichenen Haushalt zu erstellen. 3,5 Mio € Defizit sind trotz der
Sondereffekte Abbruch Breuninger und Bauknecht zuviel, erst recht wenn man die 1,5 Mio hinzuzählt, die ebenfalls einmalig von den Bäderbetrieben kommen. Die erwarteten Mehrausgaben von bis zu einer Mio € für die gestiegene Kreisumlage will die Verwaltung mit eigenen Sparvorschlägen kompensieren, aber die Verschuldung steigt trotzdem auf 33 Mio € im Kernhaushalt und 81 Mio € insgesamt. Die Folgejahre beruhen sehr auf dem Prinzip Hoffnung, dass alles glatt weiter läuft. Reserven, die zur Integration der vielen Flüchtlinge eigentlich dringend notwendig wären, sind nicht vorhanden.
Wir lesen im Haushaltsentwurf aber auch, dass die Personalausgaben zwischen 14 und 16 um 11 % oder 2,4 Mio € ansteigen sollen. Dabei habe ich die Reorganisation von Hausmeistern und Reinigungskräften schon herausgerechnet. Die Sachkosten steigen im gleichen Zeitraum von 9,5 auf 16 Mio € ohne dass dies für uns schlüssig begründet ist. Bei der Investitionsplanung ist auch noch keine Bücherei enthalten.
Was lernen wir daraus?
Der größte Fehler des Euro ist nicht die unterschiedliche Wirtschaftskraft der EU-Staaten oder die fehlende Angleichung der Steuergesetzgebung, sondern die Tatsache, dass man ihn nur einmal ausgeben kann.
Der CDU-Fraktion ist dies jedenfalls bekannt; schon in den vergangenen Jahren haben wir auf einen ausgeglichenen Haushalt gedrängt. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, wann dann? Es gibt einige ungedeckte Wechsel in den nächsten Jahren. Zum Beispiel nützt es nichts, sich etwas vorzumachen, die Flüchtling sind da und werden uns Geld kosten. Außerdem denken wir, dass die Gewerbesteuer im Finanzzeitraum zu optimistisch veranschlagt ist.
Deshalb haben wir uns auch in diesem Jahr wieder viel damit beschäftigt, wo wir die Verwaltung beim Sparen unterstützen können.
Wir haben auch die Anregung unseres Kämmerers aus seiner Haushaltsrede aufgenommen, manche Projekte nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Für 2016 beantragen wir daher Kürzungen bei Investitionen in verschiedenen Teilhaushalten über insgesamt 1,3 Mio €.
Bei den Personalausgaben sehen wir ebenfalls noch einen gewissen Spielraum und wollen die Erhöhung von 2,4 Mio auf 2,2 Mio € reduzieren. Dies wird ihnen wenig ambitioniert vorkommen. Wir sehen aber die besondere Belastung der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Flüchtlingsbetreuung, die diese quasi nebenher schultern. Bei den auf unglaubliche 15.936.900 € angestiegenen Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen beantragen wir eine Kürzung auf 15.500.000 €.
Für die interkommunale Gartenschau sind Investitionen in Höhe von vier Mio € vorgesehen plus einer Mio in 2019 für Projekte. Letzteres wollen wir nicht antasten. Aber wir sollten uns Gedanken machen, ob statt vier nicht auch 3,5 Millionen reichen würden. Die CDU will keine Spaßbremse sein. Wir glauben jedoch nicht, dass wenn wir hier reduzieren, im Herbst 2019 jemand sagen wird: Das ist aber schade, dass Schorndorf nicht mehr investiert hat.
Eine weitere Sparmöglichkeit glauben wir im Wieslauftal erblickt zu haben:
Mit 436.000 Euro beteiligt sich die Stadt am Defizit des Zweckverbandes Wieslauftalbahn. Wir sehen die Zeit gekommen, einen neuen Anlauf zu starten, um die Trägerschaft an den Verband Region Stuttgart zu übertragen und stellen einen entsprechenden Antrag. Natürlich sind wir nicht so blauäugig, zu glauben, dass wir die Summe komplett einsparen. Einen Teil davon werden wir künftig dann eben über die Kreisumlage abführen.
Nach dieser Orgie an Sparvorschlägen komme ich nun zu einem Antrag, mit dem wir eine verschobene Investition wieder vorziehen wollen. Unsere Realschule ist eine erfolgreiche Schulart mit fünf Eingangsklassen. Sie hat es bisher klaglos hingenommen, dass die Klassenräume im Winter schlecht zu beheizen sind und sich dafür im Sommer auf tropische Temperaturen aufwärmen. Die Verschiebung der Sanierung wegen der Belegung der KFR durch das BG um drei Jahre wurde ebenfalls geschluckt. Mit einer weiteren Verzögerung ist die Schule allerdings nicht einverstanden. Die CDU-Fraktion sieht dies genauso und beantragt, die Renovierung ab 2018 anzugehen.
Im Gegensatz zu Gartenschauen oder Experimentas gehört die Instandhaltung von Schulgebäuden zu unseren Pflichtaufgaben. Außerdem haben wir beschlossen, energetischen Sanierungen den Vorzug zu geben und nicht zum Fenster hinaus zu heizen, wie es in der GDRS derzeit der Fall ist.
Nun komme ich zu dem derzeitigen und künftigen Megathema, den Flüchtlingen.
Bei allem, was man kritisieren kann, haben viele von uns in Deutschland bisher ein angenehmes und vergleichsweise leichtes Leben gehabt. Es gibt genügend zu Essen und zum Trinken und die allermeisten haben ein Dach über dem Kopf. Wir können über vegetarische Tage in der Betriebskantine, gendersensible Ampelmännchen oder die neuesten Ausgaben von Bauer sucht Frau diskutieren. Das Elend der Welt blieb hinter dem Bildschirm von Fernseher oder Computer.
Nachdem es nun jedoch den sterilen Bildschirm verlassen hat und in Form von Flüchtlingsströmen ins reale Leben drängt, sind wir gezwungen, unsere Prioritäten zu überdenken. Diese Entwicklung führt auch dazu, dass viele Leute draußen sich Sorgen machen:
Werde ich mit meinem kleinen Einkommen noch eine bezahlbare Wohnung finden? Finden meine schulpflichtigen Kinder später noch einen Arbeitsplatz? Steigen meine Steuern oder die Beiträge an die Krankenkasse oder Rentenversicherung?
Andere machen sich weniger materielle Sorgen, sondern haben Angst um unser Wertesystem, dessen Fortbestand sie bedroht sehen oder um die innere Sicherheit.
Berechtigt oder unberechtigt, die Sorgen sind da und es ist Aufgabe von der Politiker von ganz oben bis ganz unten, hierauf Antworten zu geben und nicht nur mit Bunt statt Braun-Parolen jede Debatte im Keim zu ersticken.
Berlin muss dringend schauen, dass es den Zuzug endlich begrenzt, Stuttgart muss unsere Ausgaben finanzieren sowie die nicht Bleibeberechtigten endlich abschieben und unsere Aufgabe vor Ort ist es, den Flüchtlingen mithilfe von Sprach- und Integrationskurse Schulabschlüsse zu ermöglichen und die Menschen in Arbeit zu bringen. An dieser Stelle darf ich im Namen der CDU-Fraktion all jenen Ehrenamtlichen danken, die hier unendlich viel tun.
Es ist zweifelsohne ein Gebot der christlichen Nächstenliebe, zunächst denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können. Neben Essen und Trinken gehört hierzu auch ein Dach über dem Kopf, sprich bezahlbarer Wohnraum muss her. Wo dieser herkommen soll, weiß noch niemand.
»Asylbewerber dürfen aber nicht in Konkurrenz mit Einkommensschwachen um Wohnraum stehen«, lese ich ab und an.
In meinen Augen sind dies leider nur Phrasen, die höchstens zu Politikverdrossenheit beitragen. Natürlich wird es zur Konkurrenz um Wohnungen kommen. Wir können höchstens überlegen, wie wir dem entgegensteuern und beantragen daher, dass Gemeinderat und Verwaltung sich gemeinsam Gedanken machen, wo wir für welches Klientel wie viel Wohnraum schaffen können. In seiner Haushaltsrede hat Thomas Berger im letzten Jahr den Bau von 20 Sozialwohnungen im Jahr gefordert. Sein Zweitkandidat und unser Oberbürgermeister hat diese Zahl unlängst eben mal kurz verzehnfacht. Mal schauen, wo wir landen werden. Wir sind jedenfalls derzeit nicht bereit, sofort alle verfügbaren Flächen dicht mit Wohnungen vollzunageln. Vor allem solche nicht, welche eigentlich erst den nächsten Generationen als Bauland dienen sollen.
Neben der christlichen Nächstenliebe gibt es auch den Gottesbezug im Grundgesetz, der nach dem Nazi-Regime deutlich macht: Unser Staat hat ein ethisches Fundament, das über die menschliche Verfügungsgewalt hinaus geht und auf dem unser Wertesystem beruht.
Es ist unsere Aufgabe, dieses gesellschaftliche Wertesystem den Flüchtlingen zu vermitteln, ein Miteinander der Religionen zu verlangen und von Ihnen die Akzeptanz unserer rechtlichen Normen einzufordern. Dies geschieht neben den Sprach- vor allem in Integrationskursen, bei denen wir mit einem weiteren Antrag ein stärkeres Engagement der Verwaltung fordern. Sicher ist es wichtig, dass die arbeitsfähigen, anerkannten Asylbewerber schnell in Lohn und Brot kommen. Ohne gute Kenntnisse unserer Sprache und Gepflogenheiten und ohne Schulabschluss stoßen diese jedoch wahrscheinlich schnell an berufliche Grenzen.
Familien werden nachziehen und mit ihnen kommen Kinder die in Kindergärten gehen werden. Falls hierzu neue Gruppen notwendig sind, könnte man statt einem teuren Neubau auch einen weiteren Waldkindergarten einrichten, was wir in einem weiteren Antrag fordern. Die Bestehenden haben sich bewährt und sind gut frequentiert. Ein dritter Waldkindergarten würde das Angebot gut ergänzen.
Unabhängig davon, ob wir das gut finden oder nicht, wir müssen den hier bleibenden Flüchtlingen helfen, so gut es geht. Diese Dinge werden Geld kosten, viel Geld. Aber wir sind ein reiches Land und können das finanzieren. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass wir mit unsren Waffenexporten, mit unserer verfehlten europäischen Außen- und Entwicklungshilfepolitik und mit unserer zum weltweiten Klimawandel beitragenden Art zu wirtschaften dazu beitragen, dass so viele Menschen auf der Flucht sind.
Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen ist eine Aufgabe von Politikern im Großen wie im Kleinen. Wir dürfen nicht zulassen dass Scharfmacher diese Werte bedrohen. Die CDU-Fraktion steht bei denjenigen, die sich gegen diese Populisten wenden und setzt sich für lösungsorientierte Diskussionen ein.
Meine zehn Minuten Redezeit sind nun um und ich möchte mit einem Zitat von Konfuzius meine Ausführungen beenden, der einmal sagte: »Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.«
Dank sagen möchte ich allen, die an der Erstellung des Haushaltsplanes beteiligt waren und bitte in den weiteren Beratungen um Zustimmung zu unseren Anträgen.
Hermann Beutel, Stadtrat
CDU-Fraktionsvorsitzender